Klassische Ischiasnerv-Schmerzen durchziehen den unteren Rücken. Die oft einseitigen Beschwerden strahlen vom Gesäß bis zur Ferse aus. Tritt ein Taubheitsgefühl auf, ist an einen Bandscheibenvorfall zu denken. Ischiasschmerzen lassen sich in den meisten Fällen durch Physiotherapie, Bewegung und Medikamente lindern. Damit es erst gar nicht zu den schmerzhaften Einschränkungen kommt, dienen rückenschonende Verhaltensweisen und einfache Übungen der Vorbeugung.
Was ist unter Ischiasnerv-Schmerzen zu verstehen?
Im medizinischen Sprachgebrauch heißt das Phänomen Ischalgie. Darunter ist ein meist plötzlich und heftig auftretender Nervenschmerz zu verstehen, der infolge einer Reizung oder Schädigung des Nervus ischiadicus entsteht. Streng genommen ist vor allem die Nervenwurzel betroffen. Der landläufig bekannte Hexenschuss wird als Lumbago bezeichnet. Im Unterschied zu den Ischiasnerv-Schmerzen strahlt er nicht vom unteren Rücken ins Bein aus. Der Arzt spricht dann von einer Lumboischalgie. Beide Arten zählen zu den sogenannten Neuralgien. In Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und Arztbriefen ist die Ischalgie weltweit einheitlich unter den ICD-Codes M51 und M54 verschlüsselt.
Wie häufig ist das Beschwerdebild?
Mediziner gehen davon aus, dass jeder zweite Erwachsene in Deutschland mindestens einmal im Leben für längere Zeit von Ischiasnerv-Schmerzen betroffen ist. Wer die Problematik bereits kennt, der weiß, wie einschränkend sich die Beschwerden auf die Lebensqualität auswirken. In der Häufigkeit stehen Volkskrankheiten wie Ischiasschmerzen hierzulande an 2. Stelle. Deutsche Krankenkassen verzeichnen mehr als 40 Millionen Fehltage jährlich, die auf Rückenleiden zurückgehen. Auffällig ist, dass die Altersgruppe zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr unabhängig vom Geschlecht am häufigsten von Ischiasnerv-Schmerzen betroffen ist.
Welche Anatomie weist der Ischiasnerv auf?
Der dickste periphere Nerv des Menschen entspringt im Kreuzbeingeflecht. Zusammen mit dem Lendengeflecht gehört der Ischias zum Plexus lumbosacralis. Sein Querschnitt umfasst 1 x 1,5 Zentimeter. Von der Nervenwurzel reicht das Geflecht über Po, Beine und Hüfte bis in die Füße. Noch vor der Kniekehle teilt sich der Ischias in den Wadenbein- und Schienbeinnerv. Den nervalen Verlauf begleiten zahlreiche Muskeln und Arterien. Zu seinen wichtigsten Aufgaben zählt die Weiterleitung von Reizen und Empfindungen aus den Beinen ins Rückenmark und Zentralnervensystem. Motorik und Sensibilität der unteren Extremitäten ist ohne den Ischias nicht möglich. Kein Wunder, dass Nervenschmerzen im unteren Rücken zu erheblichen Einschränkungen führen können.
Wann entstehen die Schmerzen?
Im Grunde handelt es sich bei Ischiasschmerzen um ein Symptom und nicht um eine Krankheit. Offenbar spielen bei der Schmerzentstehung körperlich anspruchsvolle Tätigkeiten eine wichtige Rolle. Nahezu prädestiniert für Ischiasschmerzen scheinen Berufsgruppen wie Kraftfahrer, Maschinenführer, Tischler und Möbelpacker zu sein. Studien zufolge neigt auch mancher Sportler zur Ausbildung der Beschwerden. Da der Ischias der längste und stärkste Nerv im menschlichen Organismus ist, kann eine Reizung oder Schädigung weitreichende Folgen haben.
Wie zeigen sich die Beschwerden?
Ischiasnerv-Schmerzen äußern sich in einem unterschiedlich starken Reißen oder Ziehen. Betroffene beschreiben ein Kribbeln von Ameisen oder ein stromschlagähnliches Gefühl. Charakteristisch ist ein heftiger Schmerz, der in einigen Fällen bis in den Knöchel ausstrahlen kann. Husten, Niesen und Pressen verstärken die Beschwerden. Sind Wasserlassen, Stuhlentleerung und Erektion durch Ischiasschmerzen beeinträchtigt, sollte umgehend ein Arzt konsultiert werden! Neben Missempfindung und Lähmung können Motorik und Koordination eingeschränkt sein. Dem Patienten fällt es schwer, aus dem Bett oder vom Stuhl aufzustehen. Häufig verstärken sich Ischiasschmerzen über Nacht. In der Regel führen sie zu Problemen bei Hüftbeugung, Drehbewegung, Fersen- und Zehenstand. Als Begleiterscheinung treten gelegentlich Fieber, Schwellung und Gewichtsverlust auf.
Was löst die Symptome aus?
Oft sind ruckartige Bewegungen unter schwerer Last als Auslöser von Ischiasnerv-Schmerzen zu beobachten. Kommen degenerative Veränderungen im Lendenwirbelbereich hinzu, können die Bandscheiben leichter verrutschen, so dass der Ischias eingeklemmt wird. Mancher Patient zeigt sich kälteempfindlich und vermutet einen Zusammenhang zur Zugluft. Wer lange sitzt, verspannt muskulär und ist häufiger von Ischiasschmerzen betroffen. Auch Menschen mit Geldbeutel in der Gesäßtasche neigen zur schiefen Sitzposition und erhöhtem Risiko.
Wodurch werden die Schmerzen verursacht?
Experten unterscheiden zwischen funktionellen Ursachen durch mechanische Überlastung und strukturellen Ursachen durch organische Veränderungen. Wird der Ischias unter ständigem Druck stark komprimiert, entsteht eine Reizung der Nervenwurzel. Häufigste Ursache für Ischiasnerv-Schmerzen ist der Bandscheibenvorfall, der als Notfall gilt. Das sofortige Einschreiten eines Facharztes verhindert bleibende Schäden! Der Grund für einen Bandscheibenvorfall liegt in degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule. Mit zunehmendem Alter verliert das Gewebe an Festigkeit und Elastizität, so dass die Bandscheibe ihrer Funktion als Stoßdämpfer nicht mehr gewachsen ist. Eine Entzündung der Nervenwurzel entsteht bei Ischiasschmerzen durch Infektionen wie Borreliose und Gürtelrose. Ursachen wie Durchblutungsstörungen, Osteoporose, Tumore, Metastasen, Verknöcherung und Verengung der Wirbelsäule sind eher seltener.
Wie betroffen sind Schwangere?
Jede 2. Frau klagt in der Schwangerschaft über Rückenschmerzen. Unter echten Ischiasnerv-Schmerzen leiden jedoch weniger als 1 Prozent der werdenden Mütter. Vermutlich löst ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren die Beschwerden aus. Ein Grund ist in der Gewichtszunahme der Schwangeren zu sehen, die eine Verlagerung des Körperschwerpunkts nach vorne bedingt. So muss die Lendenwirbelsäule der Frau bis zur Geburt des Kindes mehr Gewicht tragen. Ischiasschmerzen sind auch in hormonellen Veränderungen begründet, so dass körpereigene Strukturen wie Bänder gelockert werden. Der Stabilitätsverlust führt zur Muskelverspannung und Gelenkverschiebung. Im Verlauf der Schwangerschaft drückt das Kind auf die untere Hohlvene, wodurch ein Rückstau entsteht. Die andauernde Blutansammlung reizt den Ischias. Zusätzlich üben Gebärmutterwachstum und Geburtsvorgang mehr Druck auf den Nerv im kleinen Becken aus.
Welche Untersuchungen dienen der Diagnose?
Die Anamnese von Ischiasschmerzen schließt Fragen zur Krankengeschichte ein. Für den Arzt ist das Ereignis wichtig, das die Beschwerden ausgelöst hat. Der Mediziner wird sich danach erkundigen, wo sich der Schmerz befindet und ob er ins Bein ausstrahlt. Besteht eine Schwäche von Blase und Darm, sollte der Fachmann unbedingt darüber informiert sein. Der Hinweis zu einem früheren Bandscheibenvorfall bei Ischiasnerv-Schmerzen ist ebenfalls hilfreich. Zur klinischen Untersuchung begutachtet der Experte Fehlstellungen, Beweglichkeit und Muskelkraft. Beim sogenannten Lasègue-Test liegt der Patient auf dem Rücken. Durch Anheben der betroffenen Extremität prüft der Arzt eingehend Motorik, Sensibilität und Reflexe. Bildgebende Verfahren wie Magnetresonanztomografie (MRT) geben Auskunft über den Schweregrad der Veränderungen.
Was hilft bei akuten Beschwerden?
Um plötzlich auftretende Ischiasnerv-Schmerzen zu lindern, sollten sich Betroffene nicht einfach ins Bett legen. Besser ist moderate Bewegung. Gezielte Übungen dehnen den Hüftmuskel, der durch langes Sitzen verspannt. Eine Möglichkeit zur Entlastung des unteren Rückens bietet die Stufenlagerung. Dazu liegen Betroffene mit Ischiasschmerzen flach auf dem Boden. Die Unterschenkel lagern im rechten Winkel zu den Oberschenkeln auf einem Stuhl. Die Wirkung von Wärmepflaster, Kirschkernsäckchen und Sauna empfindet mancher Patient als wohltuend.
In der akuten Phase sind Schmerzmittel eine Option, um Ischiasnerv-Schmerzen schnellstmöglich zu lindern. Aufgrund der Gefahr von Nebenwirkungen, sollten entsprechende Medikamente nicht länger als 2 Tage ohne ärztliche Überwachung eingenommen werden. Schmerztherapeutisch orientiert sich der Arzt an einem dreistufigen Schema, das den Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation entspricht. In der ersten Stufe werden Nicht-Opioid-Schmerzmittel (Diclofenac, Ibuprofen und Paracetamol) bei Ischiasschmerzen verabreicht. Ist die Wirkung nicht ausreichend, wird die Medikamentengabe mit schwachen Opioid-Schmerzmitteln (Tramadol) kombiniert. Schwerste Schmerzen können mit starken Opioid-Schmerzmitteln (Buprenorphin, Fentanyl und Morphin) behandelt werden. Um eine Medikamentenabhängigkeit zu vermeiden, darf die Arznei nur unter engmaschiger Kontrolle eines Facharztes eingenommen werden. Zum Wohl des Kindes sollten Schwangere mit Ischiasnerv-Schmerzen auf die Einnahme schmerzstillender Mittel verzichten. Ist die Ischalgie durch eine Infektion verursacht, kommen außerdem Antibiotika und Virostatika zum Einsatz.
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Schöner Beitrag. Falls man viel sitzt, sollte man auch mal überlegen, ob man einen neuen Bürostuhl braucht oder der Schreibtisch falsch eingestellt ist. Wenn man da schon vorbeugt bleiben oft viele Schmerzen verloren.